#derliebeGotthateinengroßenTiergarten
Lange habe ich mich nicht zu Wort gemeldet. Nicht weil ich nicht wollte. Nein. Ich war dann mal im Krankenhaus. Klar hätte ich da auch schreiben können aber ehrlich gesagt, stand mir danach nicht der Sinn. In 6 Tagen hatte ich 4 Bettnachbarinnen.
Die Erste war eine starke Löwin. Unfassbar. Ich lag da mit einem Abszess am Eierstock und war am Jammern. Nachdem ich Ihre Geschichte kennen gelernt hatte, habe ich mich echt geschämt. Sie ist seit Mai 7-mal operiert worden. Brustkrebs. Jetzt wurde die Brust endgültig abgenommen. Diese Frau besitzt trotzdem die Stärke, MICH aufzumuntern und mir hier in einer mir völlig ungewohnten Situation und Umgebung auch noch zu helfen. Ich bin froh und dankbar, sie kennengelernt zu haben und die längste Zeit in diesem Zimmer mit ihr verbracht zu haben. Sie hat mein angekündigtes Schnarch Konzert jede Nacht ertragen ohne die von mir angebotenen Ohrstöpsel.
Die nächste Bettnachbarin war ein junge Frau. Etwas spirituell würde ich sie beschreiben. Noch sehr jung mit einem Italiener verheiratet. Feurig also. Die mir sodann von ihr sofort offenbarte Lebensgeschichte war turbulent. Kurz zusammengefasst. Mann ist fremdgegangen und ausgezogen und in dieser Phase dann auch gleich wieder neu ineinander verliebt und eingezogen. Sie hat das entschuldigt, da sie selbst vor ein paar Jahren schon mal fremdgegangen ist. Sie hatte sich in eine Frau verliebt. Keine Konkurrenz für einen Italiener ;-). Auch sie hat mein Schnarch Konzert ohne zu klagen ertragen.
Jetzt sollte der Knaller einziehen. Eine Gehörgangs-ntzündung. Hatte ich schon gaaaaanz oft aber ich soll ja nicht werten. Innerhalb von gefühlt 2 Minuten kannte ich ihr komplettes Leben. Zur Info, ich habe nicht danach gefragt. Leider hatte sie weiteren Redebedarf und dieser sollte erst mit der Nachtruhe beendet sein. Ich bot auch ihr meine Ohrstöpsel an und warnte sie vor, dass ich schnarche. Am nächsten Morgen als ich merkte, dass sie auch wach war, habe ich ein freundliches, leises „Hallo“ in Ihre Richtung losgelassen. Das Donnerwetter welches nun über mich herzog kann ich in Worten nicht wiedergeben da für mich zu niveaulos. Ich wurde wegen meines angekündigten Schnarchens so beschimpft…. Unfassbar. Selbstverständlich habe ich mich entschuldigt und beteuert, dass ich das nicht absichtlich mache. Der Tag verlief dann wieder wie der Tag davor. Ich wurde erbarmungslos zu getextet und mir wurden Dinge erzählt, die ich gar nicht wissen wollte. Dann kam erneut die Nachtruhe. Die Ohrstöpsel ein weiteres Mal angeboten und auch auf ihr Nachttisch gelegt. Eigentlich dachte ich, dass das Donnerwetter vom ersten Tag nicht übertroffen werde konnte. Falsch gedacht. Jetzt wurde ich und dann sämtliche Türen und Fenster sowie die Schwestern zusammengefaltet. So, eben ist Schluss mit wohlerzogen. Ohrstöpsel vom Fernseher rein ins Ohr und die Dame wohlwollend übersehen und ignoriert. Sagte ich gerade Dame…? Der Ausdruck passt nicht. Psycho vielleicht. Nach dem Mittagessen kam von ihr die Nachfrage, ob ich immer soll lange anpisst sei, wenn man mit mir Tacheles redet. Noch am überlegen, ob oder was ich antworte kam die Schwester rein. Zum ersten Mal seit ich im Krankenhaus lag wirklich zum richtigen Zeitpunkt. Somit musste ich die Frage nicht mehr beantworten. Die Gehörgangs-Entzündung wurde kurze Zeit später entlassen und wünschte mir in einem endlos dauernden Redeschwall noch alles Gute. Ich noch immer die Kopfhörer im Ohr, drehte mich eine Millisekunde zu ihr hin und zeigte das Victoryzeichen und ein knappes „Tschüss“ presste ich dann doch durch meine Lippen. Gut, dass man nicht allen Wesen zweimal begegnet.
Und nun sollte die letzte Bettnachbarin folgen. Hier muss ich mich entschuldigen. Gnadenlose Vorurteile holten mich ein. Eine junge Frau mit Migrationshintergrund und weiblicher Begleitung bezog mein Zimmer. Warum durfte mein Mann nicht mit ins Krankenhaus. Richtig Corona. Auch war die Besuchszeit welche sehr streng überwacht wurde längst vorbei und das Zimmer für drei Personen viel zu klein. Ich musste mir noch Wasser holen und habe freundlich bei den Schwestern nachgefragt, warum wir in dem Zimmer jetzt zu dritt sind. Die Schwester der Patientin wurde daraufhin auch gebeten, nun zu gehen. Ich habe die junge Frau dann kennengelernt und es war eine ganz nette die zum zweiten Mal ein Kind verloren hat. Ich kann euch gar nicht sagen, wie schlecht ich mich gefühlt habe. Wir haben uns lange gut unterhalten und auch Sie hatte mit meinem Schnarchen kein Problem.
Am nächsten Tag durften wir beide endlich das Krankenhaus verlassen.
Es gibt nur einen Satz, der diese Woche perfekt beschreibt.
„Der liebe Gott hat einen großen Tiergarten.“ Einer der wenigen Sätze meiner Mutter der sich bei mir echt ins Gedächtnis eingebrannt hat. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende und immer dran denken, so wie es jetzt ist, ist es gut.
EURE Mona-chie
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Claudia (Freitag, 17 September 2021 18:33)
Sehr fein geschrieben �